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Hauptburgenname Stiefern
ID 2282
Objekt Burgruine
Adresse 3562 Stiefern, Kirchenplatz 4, 5, 6
KG Stiefern
OG/MG/SG Schönberg am Kamp
VB Krems-Region
BMN34 rechts 702515
BMN34 hoch 377461
UTM 33N rechts 550892.37
UTM 33N hoch 5375829.6
Link auf NÖ-Atlas Lage auf Karte im NÖ-Atlas ...
Geschichte Der Ort – vielleicht schon zuvor Zentrum des freisingischen Besitzes im Kamptal – erscheint urk. zu Beginn des 10. Jhs., als ein „venerabilis vir ... Ioseph“ um 902/903 in Stiefern dem Bistum Freising eine Schenkung erneuert. Um 1130 wird erstmals ein „Odalricus (Ulrich) de Situene“ genannt, der der babenbergischen Ministerialität angehört. Ulrich (I.) ist 1139/41 ldfl. Forstmeister im Wienerwald und begegnet 1156 letztmalig in einer Urk. Nach Kupfer ist jedoch denkbar, dass die Fam. schon in den 80er-Jahren d. 11. Jhs., nach der Schlacht bei Mailberg 1082, im Kamptal herrschaftsbildend auftritt. Die Mitglieder der Fam. sind in der Folge bedeutende Funktionsträger der Landesfürsten. Ihren umfangreichen Besitz dokumentieren die Nennungen nach Gaaden, Arnstein, Festenberg und mglw. (nach Lechner) Streitwiesen. Sie sind aber nur noch kurze Zeit in Stiefern nachweisbar, 1160 nennt sich Wichard (I). ein einziges Mal nach Stiefern, danach ist er im südl. Wienerwald engagiert, wo er u. a. die Burg Arnstein gründet. Die später nach Stiefern benannten Personen dürften Verwandte sein oder – nach dem Tod Heidenreichs v. Stiefern nach 1233 – Angehörige anderer Adelsfam. Vor 1266 kommt die Hft. an die Hrn. v. Plank. Im 14. Jh. erscheint Stiefern als ldfl. Lehen. Von Seifried v. Plank, der 1341 letztmals in einer Urk. erscheint, fällt die Hft. an seine mährischen Verwandten, die Hrn. v. Leuchtenburg zu Vöttau. Diese verkaufen schon 1347/49 an die Sonnberger, die die Hft. ihrerseits 1352 an die Maissauer veräußern, unter denen die Burg von Bgfn. verwaltet wird. 1399 verwendet Leutold v. Maissau die Hft. zur Ausstattung der Kartause Aggsbach, womit die Burg ihre Funktion als Herrschaftsmittelpunkt verliert. Über die offensichtlich vorhandene spätere Nutzung bzw. Funktion ist man nicht unterrichtet. Grundeigentümer ist heute die Fam. Schaffer.
Text G.R.
Lage/Baubeschreibung Buchmann/Faßbinder suchen die abgekommene Burg von Stiefern „in unmittelbarer Nähe der Kirche“, in deren Ummauerung „Quadersteine der ehem. Burg“ vorhanden wären (ähnlich bei Dehio). Die Pfk. Hl. Johannes d. Täufer steht dominant am östl. Ortsrand, unmittelbar am Abfall zum Kamp. Sie besetzt einen niedrigen Sporn, der in den Zwiesel von Kamp und Stiefernbach stößt und an dessen Fuß die weilerartige Altsiedlung liegt. Am Spornende, unmittelbar südl. der Kirche lag die Burg, die im O, S und W durch den Geländeabbruch natürlichen Schutz erhielt. Im W, im Bereich von Kirchensteig und Kirchenstickl ist mit zusätzlichen Geländeeingriffen zu rechnen, ebenso im N, wo das Gelände tlw. überhöht heranführt, die Überbauungen aber keine Spuren hinterließen. Für den W-Abfall des Sporns ist der Flurname „Purgstall“ bekannt. Im Bereich der Burg, deren Kernzone eine Fläche von rund 40 x 23 m bedeckte, liegen die Häuser Kirchenplatz Nr. 5 und 6. Es sind tlw. modernisierte Altbauten, die bedeutende hma. Bauteile integrieren. Ihre östl. Außenmauern sind identisch mit dem ehem. relativ gerade verlaufenden Bering, der erst im S nach einer leichten Abwinkelung mit einer deutlichen Abbruchkante endet und durch jüngere Mauern ersetzt ist. Im Bereich des südl. Hauses Nr. 6 ist an der Feldseite das primäre Mauerwerk sichtbar, das aus mittelgroßen, lagig versetzten, hammerrechten Bruchsteinen aus Paragneis besteht. Gegen N hin, im Bereich des Hauses Nr. 5, dürfte der Bering im Spätmittelalter (oder später?) unter Verwendung zahlreicher Spolien erneuert worden sein. Als Trennmauer zwischen den beiden Häusern fungiert eine hma. Binnenmauer (eines ehem. Wohngebäudes?), die nur im Dachboden verputzlos ist und hier den Versatz lagiger, hammerrechter bis quaderhafter Blöcke zeigt, deren unterschiedliche Formate (u. a. aufgestellte, Großquader vortäuschende Platten) eine starke zonale Strukturierung schufen. Eine archäologische Grabung zwischen 1986/88 legte im südl. Abschnitt des Berings, wo heute ein kleiner Garten liegt, 2 hma., Richtung Hof ablaufende Binnenmauern frei. Die Fundamentzonen bestanden aus regellosem Bruchsteinmauerwerk mit partiellen Opus spicatum-artigen Einschüben. Weitere Mauerzüge, wohl Teile des westl. Berings, konnten an der Grenze zum westl. benachbarten Haus Nr. 4 freigelegt werden. An der westl. Basis des südl. Wirtschaftsgebäudes von Nr. 6 ragt ein weiteres kurzes Stück des Berings hervor, dessen schräger Verlauf eine polygonale Ausbildung der südl. Abschnitte erschließen lässt. Die Mauer, die im N die Begrenzung zum Kirchhof bildet, zeigt abschnittsweise kleine, hammerrechte Blöcke in Einzellage und somit eine hma. Zeitstellung. Beide Häuser, die sich randständig entlang der O-Seite erstrecken, sind stark strukturiert, wobei schon aufgrund des kleinteiligen, sich überschneidenden Gefüges mehrere Bauphasen zu vermuten sind. Mglw. gehen sie auf eine schmälere Bebauung des späten Mittelalters bzw. der frühen Neuzeit zurück. Nr. 5 lässt den Umbau zum bäuerlichen Wohnhaus während der Neuzeit erkennen, das im frühen 20. Jh. (?) durch den hölzernen Blockbau einer Stube gegen den Hof hin erweitert wurde. Unter dem nördl. Wirtschaftsteil befindet sich ein kleiner tonnengewölbter Keller, der wohl als nachburgzeitlicher Bauteil zu werten ist. Haus Nr. 6 ist mit Ausnahme der S-Mauer ein weitgehender Neubau, ein ausgebauter Unterzug mit der Inschrift „1751 M. A.“ belegt den älteren Ursprung. Unter dem südl. angeschlossenen Wirtschaftsgebäude befindet sich ein weiterer kleiner Keller, der aber relativ spät angelegt worden sein dürfte. Die unmittelbar nördl. situierte Pfk. erhebt sich inmitten eines gesondert ummauerten Bereiches, der im N und O tlw. hohe Substruktionen aufweist. Mit Ausnahme der oben beschriebenen S-Mauer, der Begrenzung zur Burg, finden sich aber keine hma. Teile. Baukern war eine einfache, 11,20 x 7,50 m große Saalkirche, die sich im Bereich des heutigen Langhauses erhalten hat. Ihr anlässlich einer Putzfreilegung 1995 dokumentiertes Mauerwerk besteht aus exakten Quadern, deren sehr unterschiedliche Formatierung eine tlw. extreme zonale Strukturierung ergaben. Aufgrund des innen sichtbaren Mauerwerks und der Form der alten Schallfenster wurde um 1300 bzw. knapp danach der schlanke N-Turm hinzugefügt, im späten 15. Jh. der Polygonalchor. Um 1660 erfolgte die Barockisierung einschließlich einer Erweiterung gegen W. Die Burg und die im unmittelbaren Vorfeld situierte Kirche, für die im Hochmittelalter wohl eine eigene Umfassung anzunehmen ist, bildeten sichtlich eine Einheit, wonach berechtigt von einer „Burg-Kirchen-Anlage“ als Zentrum eines frühen Herrschaftsaufschlusses zu sprechen ist. Ob dieser tatsächlich bereits nach 1082 erfolgte, lässt sich auch über das Mauerwerk nicht beweisen, da Beispiele für diese Zeit noch ungenügend bekannt sind. Aufgrund der vorliegenden Mauerstrukturen kann von einer Errichtung von Burg und Kirche zumindest im frühen 12. Jh. (etwa um 1120) ausgegangen werden.
Text G.R.
Erhaltungszustand/Begehbarkeit In drei Hausgrundstücke einbezogene Burgreste. Nicht öffentlich zugänglich.
Literatur
  • Georg Binder, Die Niederösterreichischen Burgen und Schlösser (2 Bde.). Wien–Leipzig 1925 II, 44
  • Bertrand Michael Buchmann, Brigitte Fassbinder, Burgen und Schlösser zwischen Gföhl, Ottenstein und Grafenegg. Burgen und Schlösser in Niederösterreich 17 (Birken-Reihe), St. Pölten–Wien 1990, 121 ff.
  • Gerhard Reichhalter, Karin und Thomas Kühtreiber, Burgen Waldviertel Wachau. St. Pölten 2001, 337 f.
  • Falko Daim, Karin und Thomas Kühtreiber (Hg.), Burgen Waldviertel - Wachau - Mährisches Thayatal. Wien 2009, 459 ff.
  • Dehio Niederösterreich, nördlich der Donau (hg. v. Bundesdenkmalamt). Wien 1990, 1123 ff.
  • Karl Kafka, Wehrkirchen Niederösterreichs II. Wien (Birkenverlag) 1970, 147
  • Niederösterreichisches Urkundenbuch I: 777–1076. Bearb. v. Max Weltin, Roman Zehetmayer unter Mitarbeit v. Dagmar Weltin, Günter Marian, Christina Mochty-Weltin (hg. v. Verein zur Förderungen von Editionen mittelalterlicher Quellen Niederösterreichs und v. NÖ Landesarchiv). Publikationen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 8/1, St. Pölten 2008, Nr. 10b
  • Gerhard Reichhalter, Lage und Kernzone der Stieferner Burg/ Die Burg als Ganzes/ Die heutige Bebauung – Indizien und Rückschlüsse/ Die Kirche und die Burg. In: Andere Zeiten. Jubiläumsbuch 1100 Jahre Stiefern (hg. v. Dorferneuerungsverein Stiefern), Stiefern 2003, 102–103, 104–105, 106–107, 138–139
  • Gerhard Reichhalter, Die Burg von Stiefern in Niederösterreich. Burgenbau und Herrschaftsräume der Herren von Stiefern–Gaaden–Arnstein. Beiträge zur Mittelalterarchäologie in Österreich 20, Wien 2004, 179–189
  • Hubert Schopf, Beiträge zur Besitz- und Herrschaftsgeschichte des mittleren und unteren Kamptales. Staatsprüfungsarbeit am Institut für Österreichische Geschichtsforschung Wien 1989, 154
  • Herwig Wolfram, Die Geburt Mitteleuropas. Geschichte Österreichs vor seiner Entstehung 378–907. Wien 1987, 306
Stiefern. Ansicht der Burg von O (2000) - © Thomas Zoder
Stiefern. Ansicht der Burg von O (2000)
© Thomas Zoder
Stiefern. SO-Ecke des Berings (1999) - © Gerhard Reichhalter
Stiefern. SO-Ecke des Berings (1999)
© Gerhard Reichhalter
Stiefern. Innenschale des Berings (2002) - © Gerhard Reichhalter
Stiefern. Innenschale des Berings (2002)
© Gerhard Reichhalter
Stiefern. Außenschale des O-Berings (1999) - © Thomas Zoder
Stiefern. Außenschale des O-Berings (1999)
© Thomas Zoder
Stiefern. Bauphasenplan (2003) - © Grundlage und Baualter: Gerhard Reichhalter
Stiefern. Bauphasenplan (2003)
© Grundlage und Baualter: Gerhard Reichhalter