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Hauptburgenname Grafendorf
ID 385
Objekt nicht mehr erhaltene Wehranlage|Adelssitz|Burgstelle
KG Stockerau
OG/MG/SG Stockerau
VB Korneuburg
BMN34 rechts 741690
BMN34 hoch 360740
UTM 33N rechts 0
UTM 33N hoch 0
Link auf NÖ-Atlas Lage auf Karte im NÖ-Atlas ...
Geschichte Der Name weist nach Keck mglw. auf die Gfn. v. Formbach. Gf. Eckbert v. Formbach schenkt Gut vor 1160 dem bairischen Kloster Formbach, nach Mitt. v. Weltin bestand hier mglw. ein Sitz formbachischer Ministerialen. 1200 erscheint das Wiener Schottenkloster hier begütert, was durch Hzg. Leopold VI. bestätigt wird. E. d. 12. Jhs. scheinen auch die Lengenbacher mit örtlichem Besitz auf. Nach 1236 sind Besitzanteile bei der Hft. Orth. Von den Formbachern rührt mglw. der Besitz der Sierndorfer her, die ab 1293 Burgherren sind. 1349 und 1377 nennt sich ein Zweig der Sierndorfer sogar nach Grafendorf. Als Folgebesitzer sind Bernhard v. Tiernstein und Lorenz Haiden nachweisbar. E. d. 14. Jhs. gibt Wolfhard der Scheck zu Dobra seinen Besitz an die Türntaler weiter, daneben ist verzeichnet das Hardegger Urbar Besitzungen in Grafendorf. 1455 ist das "Haus Grêfendorf" im Eigentum des Hans Matseber, berichtet Schad´n, 1470 erwähnt Büttner Hadmar Matseber als Besitzer. 1513 gelangt es an die Zelkinger, bei einer neuerlichen Belehnung 1529 wird die Burg als "öd" bezeichnet. Schad´n vermutete eine Zerstörung der 1655 als "öd" bezeichneten "Feste" während des 30-jährigen Krieges. Nach 1628 fällt Grafendorf an Christoph Ehrenreich Geyer. Von den Schönborn gelangt der Besitz schließlich tlw. in bürgerliche Hände. 1705 ist der "Rote Hof" genannt, 1850 wird der Garten "...worin früher die öde Veste gestanden ist..." beschrieben. Das Grundstück des ehem. Sitzes ist noch 1987 im Besitz der Fam. Schönborn-Buchheim.
Text G.R., T.K., K.Kü.
Lage/Baubeschreibung Der Burgstall der ehem. Burg Grafendorf lag am Grundstück des "Berggartens" (auch "Hausberggarten") des ehem. "Roten Hofes". Die Stelle liegt ca. 650 m östl. der Stadtpfarrkirche, knapp südl. der Eduard Rösch-Straße, wo heute innerhalb einer Grünzone das "Kolomannsheim" liegt. Die "Berggartenstraße" und die Gasse "Roter Hof" westl. davon erinnern an die Anlage. Die bei Büttner/Madritsch 1987 noch beschriebene Anlage wurde durch zwei Baukampagnen des als "Kolomannsheims" bezeichneten Altenheims 1975 und ab 2002 weitgehend zerstört. Die Beschreibung von Schad´n ließ eine durchaus bemerkenswerte Anlage rekonstruieren. Das damals erhaltene, noch 4,5 m hohe Kernwerk in Form eines Pyramidenstumpfes besaß eine Deckfläche von 46 x 38 m. Im W, N und O lief ein 6 m hoher Wall um das Kernwerk, der zumindest im N eine zentral vorspringende, bastionsartige Erweiterung besaß. Der dadurch gebildete Graben war 13 m breit, ein äußerer Graben reagierte, wie aus einer historischen Planaufnahme hervorgeht, auf die Bastion des Walles. Der Plan lässt einen derartigen Ausbau auch an der W-Seite erkennen. Die S-Seite dürfte hingegen unbefestigt bzw. zu einem Donauarm hin offen gewesen sein. Baubegleitende archäologische Untersuchungen 1975 und 2002–2003 erbrachten überraschenderweise ausschließlich Befunde und Funde des 15. Jhs.: Demnach ist der Pyramidenstumpf des Kernwerks das Produkt massiven Steinraubes in der Neuzeit, der über den Mauerresten einen mehrere Meter hohen Schutthügel entstehen ließen. Von der Baustruktur ließen sich Reste des rechteckigen Berings und, nach derzeitigem Bearbeitungsstand, eine nicht näher deutbare Binnenbebauung nachweisen. Im Zuge der ersten Kampagne konnte auch eine Latrine des 15. Jhs. ausgegraben werden, deren reichhaltiges Fundmaterial tlw. im Kolomannsheim in einer Vitrine ausgestellt ist. Die Synthese aus Grabungsbefunden und mittlerweile weitgehend planierter Außenbefestigung ergibt einen spätmittelalterlichen Burgentyp, der in spezialisierter Weise bereits für den Einsatz von Artillerie eingerichtet war, nachdem frühzeitig der Vorteil von Erdbefestigungen bei Artilleriebeschuss erkannt worden war. Vergleichbare Befunde erbrachte die archäologische Untersuchung der 1482 zerstörten Burganlage von Sachsendorf am Manhartsberg. Auf Grund der besonderen burgen- und militärgeschichtlichen Bedeutung der Burg ist der jüngste und wohl auch endgültige Substanzverlust umso schmerzhafter. Offen bleibt die Frage nach der ehem. Situierung der Vorgängeranlage.
Text G.R., T.K., K.Kü.
Erhaltungszustand/Begehbarkeit abgekommen
Literatur
  • Georg Binder, Die Niederösterreichischen Burgen und Schlösser (2 Bde.). Wien–Leipzig 1925 II, 109
  • Gerhard Reichhalter, Karin Kühtreiber, Thomas Kühtreiber (mit Beiträgen von Günter Marian, Roman Zehetmayer), Burgen Weinviertel (hg. v. Falko Daim). Wien 2005, 374 f.
  • Rudolf Büttner, Renate Madritsch, Burgen und Schlösser vom Bisamberg bis Laa/Thaya. Burgen und Schlösser in Niederösterreich 14 (Birken-Reihe), St. Pölten–Wien 1987, 49 f.
  • Karl Keck, Orte des Gerichtsbezirkes Stockerau. In: Karl Keck (Red.): Heimatbuch des politischen Bezirkes Korneuburg (Gerichtsbezirke Korneuburg und Stockerau) 1 (hg. v. Bezirksschulrat Korneuburg), Korneuburg 1957, 377–532, 393 ff.
  • Ernst Lauermann, Archäologie einer Landschaft. Der Raum Stockerau in ur- und frühgeschichtlicher Zeit. Stockerau 1993, 91 ff.
  • Karl Lechner, Die geschichtliche Landschaft zwischen Donau und Wagram. Jahrbuch für Landeskunde von Niederösterreich N. F. 27, Wien 1938, 30–70, 48 f.
  • Hans P. Schad'n, Die Hausberge und verwandten Wehranlagen in Niederösterreich. Ein Beitrag zur Geschichte des mittelalterlichen Befestigungswesens und seiner Entwicklung vom Ringwall bis zur Mauerburg und Stadtumwehrung, Teil 1: Mitteilungen der Anthropologischen Gesellschaft 80/3, 1950, 245–352; Teil 2: Mitteilungen der Anthropologischen Gesellschaft 81/2–3, 1953, 25–185; – Hans P. Schad'n, Die Hausberge und verwandten Wehranlagen in Niederösterreich. Ein Beitrag zur Geschichte des Befestigungswesens und seiner Entwicklung vom Ringwall bis zur Mauerburg und Stadtumwehrung. Prähistorische Forschungen 3, Horn–Wien 1953, 236 ff.
Grafendorf. Ansicht des nördl. Walles von OSO aus dem Jahr 1941 - © aus: Schad’n: Bildatlas
Grafendorf. Ansicht des nördl. Walles von OSO aus dem Jahr 1941
© aus: Schad’n: Bildatlas