Stufe 1: Materialtechnologische Untersuchung im Herbst 2022
Das Goldschmiedewerk des Nikolaus von Verdun im Stift Klosterneuburg (1181), das heute aus 944 feuervergoldeten und zum großen Teil mit Email versehenen Kupferplatten besteht, gehört zu den zentralen Zeugnissen der mittelalterlichen europäischen Metallkunst und zu den wichtigsten mittelalterlichen Werken des österreichischen Kulturerbes. Die auf wechselnde Holzträger montierten Goldschmiedeplaques statteten 1181 zunächst eine Lesebühne und nach einem Umbau zum Retabel ab 1331 einen Altar in der Kirche des Augustiner- Chorherrenstift aus. Erhalten hat sich das Goldschmiedewerk von 1181 (mit den Ergänzungen und im Layout von 1331) auf einem triptychonalen Holzträger von 1950, das in der Leopoldskapelle aufgestellt und noch in liturgischem Gebrauch ist. Das Triptychon von 1331 mit den frühesten erhaltenen österreichischen Tafelmalereien auf der ehemaligen Rückseite und den (nun leeren) Gefachen für die Goldschmiedeplaques befindet sich heute im Stiftsmuseum.
Somit sind zwei Objekte erhalten, die einen großen Anteil der Substanz beider mittelalterlicher Werke enthalten, nicht aber mit ihnen identisch sind. Um die Zusammensetzung der einzelnen Plaques des Goldschmiedewerks evaluieren zu können, bedarf es materialtechnologischer Untersuchungen des Kupfers und des Emails. Mit der Röntgenfluroszenzanalyse, Wirbelstrommessungen und wenigen Bohrspanbeprobungen sind nicht-invasive, berührungsfreie bzw. berührungsarme sowie minimalinvasive Methoden zur Anwendung gekommen. Die Auswertung der Untersuchungen hat das Ziel, Aufschluss zu geben über die Werkgenese, Werkstattzusammenhänge, die Herkunft und Zusammensetzung der Materialien sowie über die materialtechnologische Expertise der Künstler selbst.