Pfau, eine Pute! Was macht eine Pute in einer Paradies-Darstellung im Rittersaal von Schloss Goldegg?
Schön steht sie da: Mit aufgestelltem Schwanzgefieder beobachtet die Pute, wie Kain seinen Bruder Abel erschlägt. Der Vogel ist Bildelement einer unvollständig erhaltenen Paradiesszene. Diese ist wiederum Teil eines prachtvollen Bildprogramms im sogenannten „Rittersaal“ von Schloss Goldegg (Bundesland Salzburg). Dessen Ausstattung wurde von Christoph Graf von Schernberg als Inhaber von Schloss Goldegg 1536 in Auftrag gegeben. Graf war als Dank für die erfolgreiche Verteidigung von Radstadt im Bauernaufstand 1526 von Erzbischof Matthäus Lang von Wellenburg 1527 mit der Herrschaft Goldegg belehnt worden. Das Bildprogramm im Rittersaal präsentiert Christoph Graf als treuen Vasallen des römisch-deutschen Kaisers und des Salzburger Erzbischofs, es weist ihn aber auch als gebildeten Menschen aus.
Zu diesem Wissensschatz zählt zweifellos auch die Abbildung von Tieren im Paradiesgarten, wie unter anderem von einem Dromedar, einer Schildkröte und eben einer Pute, wobei letztere im Bildvordergrund besonders prominent positioniert wurde. Dies ist kein Zufall, galten diese doch als „Must-haves“ an den Fürstenhöfen des 16. Jahrhunderts. Die für die Domestikation genutzte Puten-Unterart war ursprünglich nur in Mexiko heimisch. In Europa sind Puten erstmals gesichert 1520 als diplomatisches Geschenk an Kardinal Lorenzo Pucci in Rom belegt.
Zunächst nur als exotisches Tier in Tiergärten gehalten, wurde nur wenig später sein exzellenter Geschmack entdeckt. Bereits 1522/23 beauftragte Kardinal Giulio de Medici die bildliche Darstellung einer Pute in einem Wandbild der Villa Madama bei Rom. Aber erst nach 1540 mehren sich die Nachweise der künstlerischen Beschäftigung mit diesem Vogel. Damit zählt die „Pute von Goldegg“ aus dem Jahr 1536 zu den ältesten gesicherten Darstellungen. Möglicherweise kam Christoph Graf über Niklas Graf Salm, der an der Niederschlagung des Bauernaufstands 1525/26 maßgeblich beteiligt war, mit Puten in Kontakt: Die ältesten Funde von Putenknochen in Österreich stammen von Schloss Orth an der Donau, das von Salm ab 1529 ausgebaut wurde.
Thomas Kühtreiber & Günther Karl Kunst