In diesem Projekt wird danach gefragt, wie Darstellungen von Möbeln in den visuellen Medien des Mittelalters prozessiert, also verarbeitet, transformiert oder von einem Medium in ein anderes über-setzt wurden.
Funktionen von Möbeln auf Bildern
Eines steht außer Frage: keines der dargestellten Möbelstücke diente dazu, dass Betrachterinnen oder Betrachter darauf sitzen, darin etwas verwahren oder sich darauf ausruhen konnten. Was machen Möbel also auf Tafelbildern, Glasfenstern, Buchilluminationen, Drucken oder auf plastischen Bildwerken?
Dargestellte Möbel als Analyseinstrumente
Die kunsthistorischen oder interdisziplinären Arbeiten hatten dazu bisher vor allem zwei Fragen im Blick: „Wie verhalten sich die dargestellten Möbel zu den zur gleichen Zeit als Nutz- oder Prunkgegenstände verwendeten Möbeln?“, und „Welcher (versteckte) Symbolwert ist diesen Bildelementen zuzusprechen?“. In den viel zahlreicheren Forschungen zur Entwicklung der Innenraumdarstellung im Mittelalter wurde dagegen der Fokus meist auf die Raumhülle gesetzt und die Funktion der dargestellten Möbel kaum thematisiert. Mein Forschungsinteresse ist deshalb mit der Frage verbunden, wie diese Bildelemente darüber hinaus als Analyseinstrumente für unterschiedliche Aspekte kunsthistorischer Forschungen zu mittelalterlichen Kunstwerken eingesetzt werden können.
Bilder als Konfigurationen semantischer Netzwerke erforschen
Das Wort „prozessiert“ im Titel verweist auf einer zweiten Ebene auf den wissenschaftstheoretischen Aspekt der Arbeit: Reflektiert wird der Einfluss, den die in der Kunstgeschichte genutzten Methoden auf die Erforschung dargestellter Objekte haben. Da im Unterschied zu Texten eine Erschließung von Bildquellen (noch) nicht automatisierbar ist, ist der Aufwand für die Erfassung aller in visuellen Medien des Mittelalters dargestellten Elemente enorm. Diatheken und Bilddatenbanken verzeichnen deshalb meist nur wenige Metadaten zum im Bild Dargestellten. Das Projekt stützt sich deshalb auf REALonline, die Bilddatenbank des Instituts für Realienkunde des Mittelalters und der frühen Neuzeit, in der sowohl dargestellte Möbel als auch ihre Kontexte analysierbar sind. Die datengestützten Vergleiche waren der Ausgangspunkt, um die Funktionen der dargestellten Möbel in den visuellen Medien des Mittelalters zu untersuchen.
2017 wurden die Ergebnisse dieses Projekts als Dissertation an der Universität Wien angenommen. Eine überarbeitete Version wird im Frühjahr 2022 im Rahmen der Reihe formate – Forschungen zur materiellen Kultur publiziert.