Rückblick auf ein Jahr historische, archäologische und bauhistorische Forschungen im Nikolaihof, Mautern an der Donau
Seit nunmehr einem Jahr finden im Nikolaihof, einem der bedeutendsten Baukomplexe der Stadt Mautern an der Donau, interdisziplinäre Forschungen unter der Leitung des IMAREAL statt. Finanziert wird dieses Projekt gemeinsam vom Eigentümer, der Familie Saahs, sowie dem Bundesdenkmalamt, Abteilung für Archäologie und der Niederösterreichischen Landesregierung, Abteilung Kunst- und Kultur. Ziel des auf 2 Jahre anberaumten Projekts ist es, die Bau-, Besitz- und Nutzungsgeschichte des Areals von der Antike bis in das 19. Jahrhundert näher zu beleuchten. Da es sich, wie der Name des Hofes schon verrät, um den ehemaligen Besitz des Chorherrenstifts St. Nikola in Passau handelte, dient das Projekt auch als Pilotstudie für eine vergleichende Analyse der Rolle von klösterlichen Wirtschaftshöfen im sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Netzwerk der Region Wachau (siehe Projekt Wachauer Klosterhöfe Online).
Erster Schritt: Die bauarchäologische Bestandsaufnahme
In einem ersten Schritt wurden durch Ursula Zimmermann (Fa. ASINOE GmbH) die seit den 1960er Jahren auf diesem Grundstück durchgeführten Grabungen katalogmäßig erfasst, Pläne digitalisiert und die bisherigen Interpretationen kritisch beleuchtet. Darüber hinaus wurden im Innenhof der Anlage sowie im nördlich anschließenden Gartengrundstück durch Volker Lindinger (Fa. ARDIG) geophysikalische Prospektionen mit dem Ziel vorgenommen, die Detailbefunde der bislang kleinräumigen Untersuchungen in größere Strukturen einhängen zu können. All diese Daten werden gemeinsam mit der Baubefundung in einer Geodatenbank durch Alarich Langendorf (Fa. ArcheoPerspectives) zusammengeführt und visualisiert.
Die von der Fa. ASINOE GmbH hier 2018/19 durchgeführte archäologische Ausgrabung diente dabei als wichtiger Referenzpunkt. Als älteste Siedlungsstrukturen sind bislang Fundamentstreifen ehemaliger Kasernengebäude des Kastells Favianis aus dem 2./3. Jahrhundert nach Christus nachgewiesen. Diese befanden sich in der Nordostecke des älteren Kastells (Periode 3/4). Teile dieser Befestigung sind durch Altgrabungen im Hof sowie im Nordtrakt des Nikolaihofes belegt. Ebenso konnte die spätantike Erweiterung des Kastells nach Norden (Periode 5) durch die Prospektion im Garten gut nachvollzogen werden.
Spätantike Reste in den Mauern des Nikolaihofes
Als wichtigstes Zwischenergebnis aus archäologischer Sicht kann die Bestätigung einer 2018/19 aufgrund der damaligen Grabung bereits geäußerten These angesehen werden: Im Westteil des Nikolaihofes sind bedeutende Reste eines spätantiken Kleinkastells erhalten geblieben, dessen Außenmauern zum Teil noch zweigeschoßig im Baubestand integriert sind. Diese kann über Kleinfunde aus der Grabung 2018/19 in das 5. Jahrhundert datiert werden und ist mit seinen Ausmaßen von ca. 30×30 m mit jenen aus Traismauer (heutiges Schloss) und Wallsee in Oberösterreich vergleichbar.