Medieval and Early Modern Material Culture Online # Ausgabe 10
MEMO#10 – Material aspektivieren – vereinigt vier Artikel zu Taufbecken aus Bronze, Gießgefäßen aus Metall und Keramik, zu dem städtischen Umgang mit Wasser sowie zur spätmittelalterlichen Materialdarstellung in der Buchmalerei. Die Autor:innen haben mit der Materialaspektivierung einen Ansatz entwickelt, um Disziplinen übergreifend und gezielt die Bedeutung der Materialien für die Kulturen untersuchen zu können. Trotz der in der kulturwissenschaftlichen Forschungslandschaft allgegenwärtigen Folgen des material turn stehen in den Arbeiten zur Materiellen Kultur immer noch eher die Dinge als die Materialien im Fokus. Das Material ist aber nicht nur „im“, sondern vor und nach dem Ding, oder unter Umständen – wie das in der Ausgabe mehrfach thematisierte Wasser – auch gar nicht dinglich fassbar. Zudem besteht die Neigung, sowohl den Dingen als auch den Materialien kontextunabhängige Bedeutungen zuzuschreiben. Mit dem Ansatz der Materialaspektivierung kann gezeigt werden, dass die spezifischen Bedingungen des Materials zu den Konstituenten der kulturellen Szenarien gehören und dass immer nur einzelne Aspekte des mit einem Material verbundenen Wissens, seiner Eigenschaften und Zuschreibungen aktiviert werden. Neben der Agency und der Affordanz des Materials, die den Akteurstatus von Material, Ding und Mensch differenziert in den Blick nehmen lassen, erweitert die Berücksichtigung der Aspektivierung des Materials durch die menschlichen Akteure, durch die Dinge und Praktiken, ein Verständnis für die materialbedingten Dynamiken der Kulturen: Wie macht Material Kultur? Dieser Frage wird anhand von exemplarischen Studien aus der Geschichtswissenschaft, der Kunstgeschichte und der Mittelalterarchäologie nachgegangen.
Wir bedanken uns ganz herzlich bei unserem Kollegen Matthias Däumer, der die Zeitschrift MEMO seit 1. Oktober 2023 als Mitherausgeber betreut und die Ausgabe inhaltlich, redaktionell und satztechnisch begleitet hat.
Inhalt:
- Elisabeth Gruber, Thomas Kühtreiber, Isabella Nicka, Heike Schlie: Material aspektivieren. Zur Einleitung
- Heike Schlie: Das Kunstwerk als materiale Figura. Aspektivierung, Agency und Affordanz der Bronze im Fall des Lütticher Taufbeckens
- Elisabeth Gruber: Wasser fließt. Ein methodischer Versuch, Wasser als Material ernst zu nehmen
- Thomas Kühtreiber: Kommunizierende Gefäße. Flüssigkeiten als Trägersubstanzen beim Gebrauch figürlicher Gießgefäße
- Isabella Nicka: Stein und Erde gestalten. Die Concordantiae Caritatis als Experimentierfeld eines Distant Viewings zur Materialdarstellung im 14. Jahrhundert